Der besagte Banner, die Umrisse im "Blood and Honour"-Design.

Foto: derStandard.at

Christian Rauchhofer: "Wenn einer mit einem Austria-Schal in eine Bank einbricht, bekommt er kein Hausverbot."

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Wien - Nachdem der Fan-Sektor der Wiener Austria in den vergangenen Monaten immer wieder von rechtsextremer Symbolik auf Transparenten heimgesucht wurde, rankten sich zuletzt Gerüchte um ein Arrangement zwischen Fangruppen und Verein: Aufhebung mancher Hausverbote durch den Verein, im Gegenzug keine rechtsradikale Symbolik auf der Tribüne. Lang währte der vermeintliche Frieden nicht: im Match gegen Wiener Neustadt war ein Transparent mit den Umrissen der "Blood and Honour"-Bewegung zu sehen. derStandard.at sprach mit Christian Rauchhofer, dem Sicherheitsbeauftragten des Vereins, über den angeblichen Deal, das neue Transparent und die Konsequenzen.

derStandard.at: Wie schätzen Sie das zuletzt auf der Ost-Tribüne hängende Transparent der Interessensgemeinschaft "Unsterblich" ein?

Christian Rauchhofer: Es gab die Vorgabe an "Unsterblich" ein neues Transparent zu gestalten. Ohne Anzeichen von Gewalt wie "ACAB" oder "Krawallerie". Dass das Transparent eine Ähnlichkeit mit dem "Blood and Honour"-Design aufweist, war schwierig zu erkennen. Wir sind ja schließlich keine Geschichtsprofessoren und können uns nicht mit jeder Symbolik beschäftigen. Mit der Recherche, die nun erfolgt ist, ist auch klar: das Transparent wird es in dieser Form nicht mehr geben.

derStandard.at: Das Transparent wurde von Ihnen persönlich abgesegnet?

Christian Rauchhofer: Ja. Mir sind die vielleicht zehn wichtigsten rechtsextremen Codes bekannt, davon war keiner ersichtlich. Auch während des Spiels gab es weder seitens der Exekutive, noch seitens der Bundesliga einen Einspruch.

derStandard.at: Wurde seither mit den für das Transparent Verantwortlichen gesprochen?

Christian Rauchhofer: Es wurde telefonisch darüber gesprochen. Laut ihrer Aussage wollten sie nicht provozieren, es gibt auch die Zusage, dass es bis zum nächsten Heimspiel gegen Sturm Graz ein neues Transparent gibt.

derStandard.at: Hat das Transparent gegen das getroffene Arrangement verstoßen?

Christian Rauchhofer: Nein, das hat es nicht. Wir hatten lediglich festgelegt, dass auf gewisse Wörter wie eben "ACAB" verzichtet werden muss.

derStandard.at: Wie lautet denn das weitere Arrangement im Detail?

Christian Rauchhofer: Es gibt kein Arrangement im Detail mit einem Fanclub. Wir haben lediglich mit Einzelpersonen über das Thema Pyrotechnik und über Hausverbote gesprochen. Pyrotechnik kostet den Verein bis zu 100.000 Euro Strafen im Jahr. Wer sich mit einem Hausverbot dennoch im Horr aufhält, muss mit einer Besitzstörungsklage rechnen.

derStandard.at: Man hört aber auch, dass der Verein mit "Unsterblich" eine Vereinbarung ausgehandelt hat: keine rechtsradikale Symbolik im Stadion, dafür Aufhebung einiger Stadionverbote.

Christian Rauchhofer: Das ist nicht ganz richtig. Es gab eine Aufhebung von sieben Hausverboten, es handelt sich dabei um Fans, die bei mir vorstellig wurden und sich einsichtig gezeigt haben. Oder auch Fans, die, wie sich später herausgestellt hat, zu Unrecht beschuldigt wurden.

derStandard.at: Sie behaupten also, dass es keinen Deal gibt?

Christian Rauchhofer: Noch mal, es gab kein Treffen mit einem Fanclub oder einer Gruppe, ich habe nur mit Einzelpersonen gesprochen: keine Gewalt, keine Pyrotechnik, keine extremistischen Fahnen im Stadion, sei es rechts oder links. Dann können wir mit dem Abbau der Hausverbote schneller beginnen. Wenn das ein Deal ist, okay.

derStandard.at: Fußball-Tribünen sind ja hierarchisch aufgebaut, wenn man mit einer führenden Person spricht, spricht man gleichzeitig mit der ganzen Gruppe. Das wissen Sie doch?

Christian Rauchhofer: Natürlich weiß ich das. Wenn ein Betroffener von der Hausverbotsliste will, mit uns eine Abmachung hat und dann an sein Umfeld weitergibt, dass es sich ebenfalls daran zu halten hat, ist das sein Deal. Dann müssten Sie mit ihm oder der Fanszene darüber sprechen.

derStandard.at: Hat die Austria Abmachungen mit solchen Fans überhaupt nötig?

Christian Rauchhofer: Wir sprechen hier von Einzelpersonen, die im Stadion nicht auffällig geworden sind. Wenn es Beweise gibt, dass eine Person Gewalt oder Pyro anwendet oder es zu rechtsextremen Kundgebungen kommt, wird es auch ein Hausverbot geben. Ansonsten ist es Willkür.

derStandard.at: Das heißt sämtliche Personen, die nun pardoniert wurden, haben sich nichts zu Schulden kommen lassen?

Christian Rauchhofer: Bei der Austria nicht. Wenn einer mit einem Austria-Schal in eine Bank einbricht, bekommt er kein Hausverbot.

derStandard.at: Wenn eine Gruppe wie "Unsterblich" einen Reichkriegsadler in ihrem Transparent darstellt, muss sie dann bei der Austria nicht mit schärferen Konsequenzen rechnen?

Christian Rauchhofer: Das Transparent wurde nicht von der Gruppierung "Unsterblich" aufgehängt, sondern von einer Einzelperson, die nicht sehr häufig in Österreich ist. Dieser Fetzen ist zuerst beim Spiel Red Bull Salzburg gegen Lazio Rom aufgetaucht. Das Amt für Verfassungsschutz meinte dort, der Reichsadler wäre so weit entstellt, dass es keine rechtliche Handhabe dagegen gäbe.

derStandard.at: Die Einzeltäter-Theorie klingt nicht sehr glaubwürdig.

Christian Rauchhofer: Der Adler hängt ja in Richtung des Spielfeldes, für die Zuseher auf der Ost ist er gar nicht sichtbar. Manchmal machen sich Einzelpersonen eines Fanclubs selbständig.

derStandard.at: Nun geht es ja nicht nur um die rechtliche Handhabe, sondern auch um eine moralische Verpflichtung. Ich zitiere Ihren Vorstand Markus Kraetschmer: "Wir müssen bei der Austria unserer historischen Verantwortung gerecht werden. Wer die Geschichte eines Herrn Loppers hört, kann derartiges nicht gut heißen". Wo bleibt die Konsequenz?

Christian Rauchhofer: Mit der Moral begebe ich mich in die Willkür. Man muss Konkretes, Beweise gegen Einzelpersonen in der Hand haben, um etwas zu unternehmen. Wir werden sicher nicht einen gesamten Fanclub ausschließen. Auch die Exekutive hat uns gebeten, genau so nicht vorzugehen, um keine Märtyrer zu schaffen.

derStandard.at: Wenn man nur gegen Einzelpersonen vorgeht, bietet man dann nicht die Möglichkeit sich hinter dem Deckmantel eines Fanclubs zu verstecken?

Christian Rauchhofer: Sind nach der letzten Folge von "Am Schauplatz" alle Rapidler rechtsradikal?

derStandard.at: Das hat jetzt nichts mit unserem Thema zu tun. Außerdem sprechen wir nicht von allen Austrianern, sondern einer überschaubaren Gruppe.

Christian Rauchhofer: Ich muss sie enttäuschen. "Unsterblich" hat rund 80 eingetragene Mitglieder, viele davon sitzen auf der Nord, viele kommen gar nicht ins Stadion. Sollen wir die alle ausschließen? (red; derStandard.at; 31. März 2010)